Die Küstenvegetation der Nord- und Südhemisphäre (insbesondere des Pazifik und des Nord-Atlantiks)
Einleitung

Innerhalb des Projektes stehen Pflanzenassoziationen der Salzmarschen, Küstendünen und Spülsäume im Vordergrund. Eingehende vegetationskundliche Untersuchungen der Küstenvegetation auf der Nordhemisphäre liegen von europäischen Küsten bereits in großer Zahl vor. Im Gegensatz dazu wurden bisher in Nordamerika und Japan wenige, zumeist nur punktuelle Untersuchungen durchgeführt (OHBA, MIYAWAKI & TÜXEN 1973, THANNHEISER 1981, 1987, 1988, 1991 und 1994a). Dennoch können die Küstengebiete der Nordhemisphäre pflanzensoziologisch als mehr oder weniger repräsentativ nach der Methode von BRAUN-BLANQUET (1964) erfaßt gelten. Dies trifft für die Südhemisphäre nicht zu. Bislang liegt lediglich die Arbeit von KOHLER (1970) über die Küstendünenvegetation Chiles für den Bereich der Südhemisphäre vor.


Aufgabenstellung

Ziel des Projektes ist es zum einen, die Wissenslücken um die Küstengesellschaften der Südhemisphäre zu füllen. Dabei steht die großräumige Erfassung im Vordergrund, da bisherige Arbeiten zu dieser Thematik sich entweder mit dem Arteninventar der Seemarschen und Küstendünen beschäftigen oder auf lokale und damit kleinräumige pflanzensoziologische Studien beschränkt sind (z.B. CHLADIL & KIRKPATRICK 1989, CONGDON 1981, HARRIS & KIRKPATRICK 1997, KING et al. 1990, ROBERTSON et al. 1991; SMITH et al. 1985, Sykes & Wilson 1987 und SYKES & WILSON 1991). Einen ersten Versuch der großräumigen Beschreibung der Küstenvegetation Tasmaniens und Neuseelands bilden die Arbeiten von THANNHEISER & HOLLAND (1994b) sowie HAACKS & THANNHEISER (im Druck).

Als weiteres Ziel des Projektes sollen Vergleiche mit den Gesellschaften der Nordhemisphäre gezogen werden. So werden die Küstenpflanzen der nördlichen Hemisphäre dem Florenreich der Holarktis zugeordnet, so daß es nicht verwunderlich ist, daß viele Vegetationseinheiten über große Gebiete sich ähneln. Im Gegensatz dazu gehören die Küstenpflanzen der Südhemisphäre zu verschiedenen Florenreichen, welches sich botanisch in einer größeren Heterogenität der Assoziationen widerspiegelt.


Vordünenbereich am Kaipara North Head (Nordinsel, Neuseeland) mit Spinifex
sericeus (Poaceae)
und Desmoschoenus spiralis (Cyperaceae)  Foto: Manfred Haacks

Schwerpunkt Südaustralien und Neuseeland

In mehrmonatigen Studienaufenthalten werden die Küstengesellschaften Südaustraliens und Neuseelands nach der Methodik von BRAUN-BLANQUET untersucht, um eine Vergleichbarkeit der bislang vorliegenden Arbeiten der Nordhemisphäre zu gewährleisten.

Darüberhinaus werden ökologische Faktoren, wie Salz- und Carbonatgehalt, pH-Wert sowie Substrat und Ausgangsgestein aufgenommen und mit den ermittelten Assoziationen mittels einer direkten Gradientenanalyse multivariat in Beziehung gesetzt.

Aufgrund des Nord-Süd-Erstreckung über mehrere Breitengrade, prägen verschiedene großklimatische Verhältnisse in unterschiedlicher Weise das Untersuchungsgebiet. So reicht das Untersuchungsareal von der subtropischen bis zur kühl gemäßigten Zone. Die Assoziationen werden mit allgemeinen Klimadaten ebenfalls in Beziehung gesetzt, um Einflüsse des Klimas auf die Küstenvegetation herauszuarbeiten.

Zur kartographisch-visuellen Darstellung werden sämtliche Daten in das Geographische Informationssystem (GIS) ArcView integriert.

Die Erfassung der Assoziationen ist auch aus Sicht des Naturschutzes von Interesse, da zahlreiche europäische und nordamerikanische Pflanzenarten nach Australien und Neuseeland eingeführt wurden, die z.T. die einheimische natürliche Vegetation verändern und einzelne Arten verdrängen.

Die Bearbeitung des Projektes inklusive der Auslandsaufenthalte wird dankenswerter Weise durch Stipendien der Universität Hamburg und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes gefördert.


Besonderheiten

Im Gegensatz zu den Küstendünen Mitteleuropas läßt sich bei den tasmanischen und neuseeländischen Küstendünen eine regelmäßige Abfolge von Primär-, Sekundär- und Tertiärdünen pflanzensoziologisch nicht herausarbeiten. Im natürlichen Zustand sind morphologisch die Dünengenerationen nicht klar getrennt, sondern gehen ineinander über. Die Gründe hierfür liegen u.a. in der fehlenden marinen Sandzufuhr. Die nachfolgende Abbildung vermittelt einen Überblick der Dünenabfolge.


Dünenprofil am Waipu Cove (Nordinsel, Neuseeland)  Foto: Manfred Haacks

Es lassen sich jedoch physiognomisch vier Abschnitte ausscheiden:

Weiterhin von Interesse ist das Sauergras Desmoschoenus spiralis, das in Neuseeland endemisch in Küstendünen vorkommt und z.T. eine eigene Gesellschaft bildet (vgl. nachfolgende Abbildung).


Desmoschoenus spiralis (Cyperaceae)  Foto: Manfred Haacks

Bei einer kleinräumigen Differenzierung der Salzmarschen ist eine physiognomische Unterscheidung klar zu erkennen: in eine niedrigwüchsige Salzmarschen-Vegetation, die den typischen Salzwiesen ähnelt und in einen hochwüchsigen strauch- und binsenartigen Vegetationstypus. Der niedrigwüchsige Vegetationstypus kommt auf allen Seemarschen vor, der hochwüchsige besiedelt daneben die höhergelegenen Partien der untersuchten Seemarschen.


Projektmitarbeiter:
Dietbert Thannheiser und Manfred Haacks



Literatur
BRAUN-BLANQUET, J. (1964): Pflanzensoziologie. Grundzüge der Vegetationskunde. 3. neubearb. u. wesentl. verm. Auflage, S. 865. Wien
CHLADIL, M. A. & KIRKPATRICK, J. B. (1989): A Transect Study of the Sand Dune Vegetation at Bakers Beach, Tasmania. Papers and Proceedings of the Royal Society of Tasmania, Vol. 123: 247-256.
CONGDON, R. A. (1981): Zonation in the marsh vegetation of the Blackwood River Estuary in south-western Australia. Australian Journal of Ecology 6: 267-278.
HAACKS, M. & THANNHEISER, D. (im Druck): Studien zur Küstenvegetation Tasmaniens. In: Bremer Beiträge zur Geographie und Raumplanung
HARRIS, S. & KIRKPATRICK, J. B. (1997): The Coastal Vegetation of Northeast Tasmania. Records of the Queen Victoria Museum and Art Gallery: 103: 121-132.
KING, W. McG., WILSON, J. B. & SYKES, M. T. (1990): A vegetation zonation from saltmarsh to riverbank in New Zealand. Journal of Vegetation Science 1: 411-418.
KOHLER, A. (1970): Geobotanische Untersuchungen an Küstendünen Chiles zwischen 27 und 42 Grad südl. Breite. In: Botanische Jahrbücher 90 ½, 1971, S. 55-200. Stuttgart.
Ohba, T., Miyawaki, A. & Tüxen, R. (1973): Pflanzengesellschaften der Japanischen Küstendünen. Vegetatio 26, 1-143.
Smith, S. M., Allen, R. B. & Daly, B. K. (1985): Soil-vegetation relationships on a sequence of sand dunes, Tautuku Beach, South-east Otago, New Zealand. Journal of the Royal Society of New Zealand 15: 295-312.
Sykes, M. T. & Wilson, J.B. (1991): Vegetation of a coastal sand dune system in southern New Zealand. Journal of Vegetation Science 2: 531-538.
Thannheiser, D. (1981): Die Küstenvegetation Ostkanadas. Münstersche Geographische Arbeiten 1: 1-201.
Thannheiser, D. (1987): Die Pflanzengesellschaften der isländischen Salzwiesen. - Acta Botanica Islandica 9:35-60.
Thannheiser, D. (1988): Die Pflanzengesellschaften der isländischen Küstendünen. - Norden 6:1-12.
Thannheiser, D. (1991): Die Küstenvegetation der arktischen und borealen Zone. - Berichte der Reinhold-Tüxen-Gesellschaft 3:21-42.
Thannheiser, D. (1994a): Die Pflanzengesellschaften der Salzwiesen an japanischen Küsten. - Berichte Forsch.- u. Technologiezentr. Westküste d. Univ. Kiel 6:135-152.
THANNHEISER, D. & HOLLAND, P (1994b): The plant communities of New Zealand salt meadows. Global Ecology ans Biogeography Letters 4: 107-115.